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Ilja Seifert in der Debatte zum Nichtraucherschutzgesetz

Rede von Ilja Seifert,

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir unternehmen heute zwar nur einen kleinen Schritt, dafür aber in die richtige Richtung, und deswegen geht die Linke mit.

Erlauben Sie mir trotzdem, ein paar kritische Anmerkungen zu machen.
Hier ist bereits ausführlich erörtert worden, worum es in diesem Gesetz geht. Wir haben uns in der Debatte aber ziemlich lächerlich gemacht. Ursprünglich hieß es , das war der Sinn der ganzen Sache: Wir wollen die Nichtraucherinnen und Nichtraucher schützen. Uns ist dann eine Diskussion aufgezwängt worden, bei der man den Eindruck gewinnen konnte, dass es um ein Rauchverbot geht. Die ganze Zeit wurde in diesem Sinne debattiert. Niemand hier sprach von einem Rauchverbot. Aber in der öffentlichen Debatte wurde so getan, als ob wir den Rauchern das Rauchen verbieten wollten. Dabei wurde ganz und gar vergessen, dass es eigentlich darum ging, vor allem Kinder, aber auch Erwachsene vor dem Passivrauchen zu schützen.
(Detlef Parr (FDP): § 1 Rauchverbot!)
Als das alles nichts genutzt hat, zwang uns die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung ein noch alberneres Argument auf. Wir mussten plötzlich in aller Breite darüber diskutieren, ob der Bundestag eine oberste Bundesbehörde ist. Wer sind wir, dass wir uns solch eine Diskussion aufzwingen lassen? Ich fand das mehr als peinlich.
(Detlef Parr (FDP): Richtig! Ja!)
Wir haben nicht das getan, was wir eigentlich hätten tun müssen, nämlich breite Aufklärung darüber zu betreiben, was Nichtraucherschutz eigentlich bedeutet und was es bedeutet, die Droge Tabak zu ächten. Das wäre gut für die Sache gewesen. Statt dessen haben wir uns solche lächerlichen Debatten aufzwingen lassen. Wir mussten uns in der Öffentlichkeit dafür rechtfertigen, dass wir keine oberste Bundesbehörde sind, sondern ein Verfassungsorgan. Was lassen wir uns denn alles gefallen?
Dann kam als Nächstes: Die Altersgrenze für die Abgabe von Tabakwaren und das Rauchen in der Öffentlichkeit wird auf 18 Jahre angehoben, aber erst in anderthalb Jahren. Man bekommt gesagt, es sei ein toller Erfolg, dass die Zigarettenindustrie das Ganze schon in anderthalb Jahren umsetzt und nicht erst in zwei Jahren, weil die Automatenindustrie nicht in der Lage sei, das schneller zu machen. Wir lassen uns wieder einmal wie der Bär am Ring durch den Zirkus ziehen. Wenn die Automatenindustrie aufgefordert wird, Fahrkartenautomaten umzustellen, weil die Fahrpreise bei den öffentlichen Verkehrsmitteln erhöhen werden, wird das in zwei Tagen umgesetzt. Sie hat gar keine Probleme damit; das geht sofort. Bei Zigarettenautomaten ist die gleiche Technik anzuwenden. Dafür braucht sie angeblich anderthalb Jahre, und wir müssen sie noch dazu zwingen. Kann denn das sein?
Entweder sind wir ein Organ, das etwas zu sagen hat, nämlich der Gesetzgeber. Dann teilen wir der Automaten- und der Zigarettenindustrie mit, was sie zu tun haben. Oder wir lassen uns von den Lobbyisten vorführen und bitten sie, das Gesetz, das wir hier beschließen, umzusetzen. Entweder meinen wir es ernst, wenn wir sagen, dass wir die Nichtraucherinnen und Nichtraucher, insbesondere die Kinder, schützen wollen, und tun es richtig, oder wir sagen gleich: Die Industrie macht, was sie will. Das ist aber nicht Sinn und Zweck von demokratischen Entscheidungsorganen. Ich finde, die Gesundheit geht vor. Unsere Gesetzgebungskompetenz sollten wir nicht aus der Hand geben. Also lassen Sie nicht zu, dass wir wie der Bär am Ring durch den Zirkus gezogen werden, sondern sagen wir, wo es langgehen soll.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)