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Bundestag - rauchfrei - sofort!

Rede von Martina Bunge,

Martina Bunge in der Debatte "Rauchverbot im Deutschen Bundestag umsetzen"

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Diese Debatte hätte heute Morgen stattfinden sollen.

(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Da war
doch die Frauendebatte!)

Denn heute Morgen hätte die Chance auf eine höhere
Anwesenheit bestanden.

(Ute Kumpf [SPD]: Da waren aber wir Frauen
dran!)

Dieses Thema geht schließlich uns alle an.

(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Und die
Frauenrechte?)

- Der Morgen ist lang. Wir hätten den Vormittag auch
für diese Debatte nutzen können.

(Frank Spieth [DIE LINKE]: Jetzt sitzen nur
noch die Guten hier!)

Ich denke, das Thema Rauchfreiheit im Bundestag
widerspiegelt exemplarisch das Verhältnis von Anspruch
und Wirklichkeit in der Politik. Deutschland ist in Sachen
Schutz vor dem Passivrauchen ein Entwicklungsland.
Seit Jahren setzt die deutsche Politik auf Freiwilligkeit.
Wenn man auf Appelle und Vereinbarungen setzt
und dabei glaubwürdig sein will, dann sollte man eigentlich
mit gutem Beispiel vorangehen.
Das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, an der sich zugestandenermaßen
vor allen Dingen Politikinteressierte
beteiligt haben, zeigt: 92 Prozent fänden es nicht in Ordnung,
wenn im Bundestag weiterhin geraucht werden
dürfte, obwohl schon ein Gesetzentwurf vorliegt, der in
den öffentlichen Einrichtungen des Bundes ein Rauchverbot
vorsieht. Ich denke, dieses Faktum ist ein Beweis
dafür, dass wir der Politikerverdrossenheit Vorschub
leisten. Dem müssen wir entgegenwirken. Es ist höchste
Zeit, dass die europäische Normalität in Deutschland
einzieht, vor allem im Deutschen Bundestag.
Die Schädigungen, die Rauch hervorruft, sind uns allen
hinlänglich bekannt. Wir wissen, dass es keine auch
noch so kleine Menge Tabakrauch gibt, die ungefährlich
ist. Deshalb darf es im Bundestag eigentlich nur einen
konsequenten Schutz vor den 4 800 giftigen und
70 krebserregenden, fruchtschädigenden und erbgutverändernden
Substanzen geben. Nicht nur wegen des heutigen
Internationalen Frauentages sind wir gegenüber
den vielen im Bundestag tätigen Frauen in der Pflicht,
für saubere Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Ich habe den Eindruck, dass beim Schutz vor Rauch
viel debattiert wird, aber wenig passiert. Deshalb, liebe
Kollegin Bender, bin ich nicht ganz so optimistisch. Ich
behalte mir eine gesunde Skepsis vor. Die Medien sind
zwar voll von diesem Thema. Aber nicht ein Buchstabe
ist bislang verabschiedet, geschweige denn umgesetzt.

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Das ist wahr! Wir müssen sie jagen!)

Einige Meldungen von heute zeigen das Hoffen und
Bangen; es ist fast ein Trauerspiel. Am Morgen wird gemeldet,
dass acht Bundesländer den hochgelobten Kompromiss
der Gesundheitsminister ablehnen. Am Abend
dementieren wieder einige. Heute Mittag kam nun die
Information, dass der Ältestenrat empfiehlt, den Gesetzentwurf
der Bundesregierung eins zu eins umzusetzen,
bevor das Gesetz in Kraft tritt. Ich frage mich, wann endlich
etwas Konkretes geschieht; denn es wird sofort darüber
fabuliert, dass die Abgeordnetenbüros von der Regelung
betreffend die Rauchfreiheit im Bundestag ausgenommen
werden sollen.
Sagen wir es allen weiter: Die Arbeitsstättenverordnung
gilt überall. Wir sind gefordert, und zwar sofort.
Wir haben einen entscheidenden Part bei der Änderung
des Mainstreams zu spielen. Nicht plakative Bekundungen
helfen, Lebensstile zu verändern. Vielmehr muss die
Botschaft mental, im Unterbewusstsein verankert werden:
Rauchen ist überall out.

(Detlef Parr [FDP]: Aber nicht gesetzlich, sondern
durch Aufklärung!)

Wir sind dabei, wenn wir nach diesem Grundsatz im
Bundestag die Ausgestaltung konsequent vornehmen.
Ausnahmen müssen zwar möglich sein, müssen aber
konkret sein. Ich habe kein Verständnis für diejenigen,
die der Meinung sind, das dürfe nichts kosten; denn mit
geringem Investitionsaufwand können wir Millionen,
wenn nicht sogar Milliarden im Gesundheitssystem einsparen.
Deshalb kann das kein Argument sein.
Ich danke.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)